Hans Martins Bastelseiten

Kleine Kennliniensammlung für Röhren unter besonderen Betriebsbedingungen

Letzte Änderung: 21.9.2020

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Bei Röhren ist ein Blick ins Datenblatt stets sinnvoll. Hier findet man die Betriebsdaten, die Sockelbelegung, Grenzwerte und Kennlinien. Für nahezu alle jemals produzierten Röhrentypen sind die Datenblätter zum Beispiel in Franks Datenblattsammlung archiviert.
Manchmal aber möchte man die Röhre anders verwenden, als es die Verfasser des Datenblatt angenommen haben: im Betrieb bei sehr niedrigen Spannungen, oder wenn Sekundärelektronen entstehen. Auf der vorliegenden Seite habe ich einige Kennlinien dieser Art zusammengestellt.

Röhrentyp

Art der Kennlinie

Bemerkungen zu den Kennlinien:

  • Ausgangskennlinie: Anodenstrom als Funktion der Anodenspannung. Gitterspannung konstant.
  • Transferkennlinie: den Anodenstrom als Funktion der Gitterspannung. Anodenspannung konstant.
  • Bei Kennlinien des Raumladebereichs wurde der Gitterstrom als zweite Linienschar eingezeichnet. Die Stromachse ist stets logarithmisch skaliert.
  • Die Kennlinien wurden i.d.R. mittels Source-Metern vom Typ Keithley 2400 aufgenommen und in LabView ausgewertet.
  • Die Heizspannung lag auf dem im Datenblatt vorgeschriebenen Wert (sofern nicht anders angegeben).

EABC80

Triodenkennline

ECC82

Triodenkennlinie bei starker Unterheizung (2,0 V statt 6,3 V)

ECC81, 82, 83, 85

Verstärker-Eigenschaften im Vergleich

ECC85

Triodenkennlinie im Raumladebereich

EF183

Kennlinien inTrioden- und Tetrodenschaltung ("Negadyn")

EF184

Kennlinien in Trioden- und Tetrodenschaltung ("Negadyn")

EF89

Kennlinien im Raumladebereich als Triode

EM80

Kennlinien von Steuertriode und Leuchtfächer (Strom / Spannung / Sekundäremission)

EM84

Kennlinien von Steuertriode und Leuchtbalken (Strom / Spannung / Sekundäremission)

PCL86

Pentodenkennlinie bei niedrigen Betriebsspannungen (12 V, 24 V)

EABC80

ECC82


Ausgangskennlinie der ECC 82 im Normalbetrieb.


Heizfaden-Strom/Spannungs-Kennlinie (beide Teilsysteme in Reihe geschaltet)


ECC 81, 82, 83, 85

Diese häufig verwendeten Doppeltriodentypen werden oft zu allen möglichen Zwecken eingesetzt: Röhrenaudion, Vorverstärker, Oszillator. Und meistens funktioniert das auch. Diese Messreihen zeigen, dass es zwischen diesen Typen charakteristische Unterschiede gibt, und dass für verschiedene Zwecke unterschiedliche Arbeitspunkte eingestellt werden sollten.
Wir setzen die Röhren hier unter gleichen Bedingungen für eine Verstärkungsaufgabe ein, die beispielweise der Endstufentreiber in einem Audioverstärker erfüllen muss: die Erzugung einer hohen, möglichst verzerrungsarmen Wechselspannung zur Aussteuerung der Endröhre.
Um es vorweg zu nehmen: möglich ist das mit allen Röhren, doch die Auslegung der Schaltungen sollte für optimale Resultate jeweils eine ganz andere sein.

Die Messbedingungen:

1. Die Triode wird über einen Anodenwiderstand von 47,5 kΩ an eine Spannung Ub gelegt, die so hoch ist, dass sich an der Anode eine Gleichspannung Ua,DC von konstant 150 V ergibt.
2. Verschiedene Anodenruheströme Ia,DC zwischen 0,5 und 7 mA werden nun eingestellt. Dazu werden die Gittervorspannung Ug,DC = −20...−0,2 V und die Betriebsspannung UB = 150...500 V so reguliert, dass Bedingung Nr. 1 weiterhin erfüllt ist. Für die jeweiligen Ströme werden nun Verstärkungsmessungen gemacht.
3. Eine sinusförmige Wechselspannung (1 kHz, Oberwellenanteil < 1 %) wird zusätzlich an das Steuergitter gelegt. Ihre Amplitude wird so eingestellt, dass an der Anode eine Wechselspannung von 50 Vss auftritt.
4. Hieraus werden die Daten des Arbeitspunktes, der Verstärkungsfaktor, der Klirrfaktor (als relative Amplitude der 2. Harmonischen mittels FFT-Analyse) bestimmt und als Funktion des Anodenruhestroms IA aufgetragen.

Die Betriebsspannungen Ub der Messschaltung als Funktion des Anodenruhestroms, für verschiedene Anodenwiderstände. Dieser Plot gilt unabhängig vom Röhrentyp. Er ergibt sich einfach aus dem Ohmschen Gesetz.

Die negative Gittervorspannung Ug,DC, bei welcher sich unter den Messbedingungen der gewünschte Anodenstrom IA ergibt. Bei Spannungen Ug,DC > −1,3 V fließt bereits ein merklicher Gitterstrom. Die Messreihen wurden beendet, wenn eine Gittervorspannung Ug,DC > −0,2 V notwendig geworden wäre.

Die Verstärkungsfaktoren V als Funktion des Anodenruhestroms IA. Bei der ECC 83 lag der im negativen Gitterspannungsbereich mögliche, maximal erreichbare Anodenstrom bei 2,5 mA, so dass die Kurve hier endet.

Die Verzerrungen, die in der Triode entstehen, als Funktion desAnodenruhestromes IA., bei einer Wechselspannungs-Amplitude von 50 Vss an der Anode.

Ergebnis: Die höchste Verstärkung (50-fach) bei niedrigem Anodenstrom (1,5 mA) und geringster Verzerrung lassen sich mit der ECC 83 erreichen. Dafür ist die Leistungsabgabe klein, und man muss mit dem Auftreten von Gitterstrom rechnen. Der Arbeitspunkt muss präzise eingestellt werden, sonst neigt die Röhre zu starken Verzerrungen. Das andere Extrem ist die ECC 82: die Spannungsverstärkung ist wesentlich kleiner, maximal 10-fach. Dafür arbeitet die Röhre vollkommen ohne Gitterstrom.

Verzerrungsarmer Betrieb ist mit der ECC 82 bevorzugt bei Anodenströmen von 3 - 8 mA möglich, und die erzielbare Leistungsabgabe auch an niederohmige Lasten vergleichsweise hoch. ECC 81 und 85 liegen in allen Belangen zwischen diesen Extremen. Aber auch hier sind für verzerrungsarme Verstärkerstufen und hohe Verstärkungsfaktoren ein Arbeitspunkt mit relativ hohem Anodenstrom > 3 mA und einer gewissen Tendenz zum Gitterstrom günstig.

ECC85


Bemerkung zum Raumladebetrieb:
Sinnvolle Verstärkereigenschaften ergeben sich nur auf dem horizontalen Ast der Ausgangskennlinie, wenn Ia > Ig.
Mit der ECC 85 ist ein Arbeitsbereich mit Ua = −0,4...+0,4 V, Ia = 1...3 µA, Ug = −1....+0,5 V günstig. Man erreicht Steilheiten von etwa 1 µA/V.

EF183

Die Triodenkennlinie (Ausgangskennlinie). Die EF 183 kann als Triode genutzt werden, indem man Schirm- und Bremsgitter an die Anode legt.

Die Transferkennlinie der EF 183 als Triode.

Die Tetrodenkennlinie (Ausgangskennlinie): das Bremsgitter der EF 183 ist hier mit dem Schirmgitter verbunden und liegt auf dessen hohem Potential. Die Anodenstromkennlinie hat aufgrund der Sekundäremission einen Abschnitt mit negativer Steigung und negativem differentiellen Innenwiderstand (s. Bem.); Steuergitterspannung: −6 Volt.

Der Schirmgitter+Bremsgitter-Strom als Funktion der Anodenspannung.
Bem.: Der Kennlinienverlauf kann deutlichen Exemplarschwankungen unterliegen, da die Sekundäremission von Form und Beschaffenheit der Anode abhängt.

EF184

Die Triodenkennlinie (Ausgangskennlinie). Die EF 184 kann als Triode genutzt werden, indem man Schirm- und Bremsgitter an die Anode legt.

Die Transferkennlinie der EF 184 als Triode.

Die Tetrodenkennlinie (Ausgangskennlinie): das Bremsgitter der EF 184 ist hier mit dem Schirmgitter verbunden und liegt auf dessen hohem Potential. Die Anodenstromkennlinie hat aufgrund der Sekundäremission einen Abschnitt mit negativer Steigung und negativem differentiellen Innenwiderstand (s. Bem.); Steuergitterspannung: −2,5 Volt.

Der Schirmgitter+Bremsgitter-Strom als Funktion der Anodenspannung.
Bem.: Der Kennlinienverlauf kann deutlichen Exemplarschwankungen unterliegen, da die Sekundäremission von Form und Beschaffenheit der Anode abhängt.

EF89

EM80

Triodenkennlinie EM 80. Der Leuchtschirm ist nicht beschaltet.

Die Transferkennlinie. Die Triode der EM 80 kommt mit 30 kΩ Innenwiderstand und 1,2 mA/V Steilheit (bei Ua > 100 V) an eine ECC 83 oder EABC 80 heran. μ ist 36.


Messschaltung zur Aufnahme der Kennlinie des Leuchtfächers

Messung der Kennlinie des Leuchtfächers der EM 80:
- Der Anodeanschluss der Triode, der intern mit den Steuerstegen des Leuchtsystems verschaltet ist, wird als Steuerelektrode aufgenutzt. Der Leuchtschirm ist hierbei die Anode.
- Alle Spannungen werden im Bereich 0...200 V variiert.
- Leuchtschirmstrom (IL) und Steuerstegstrom (IA) werden gemessen.
- Das Steuergitter der Triode wird auf −20 V gelegt, damit die Triode vollständig gesperrt ist und kein Anodenstrom fließt.

EM84

Triodenkennlinie EM 84. Der Leuchtschirm ist nicht beschaltet.

Transferkennlinie der EM 84-Triode. Innenwiderstand: 80 kΩ, Steilheit: 0,25 mA/V, μ = 20. Sie schafft nicht ganz so viel wie die EM 80.

Die ungewöhnlichen, teilweise abfallenden Kennlinien der Leuchtsysteme der Abstimmanzeigeröhren bzw. Magischen Augen EM 80 und EM 84 resultieren vermutlich aus der Emission von Sekundärelektronen aus dem Steuersteg. Diese entstehen, wenn Elektronen von der Kathode hier mit genügend hoher Energie auftreffen. Sofern die Sekundärelektronen zum Leuchtschirm driften und nicht wieder vom Steuersteg absorbiert werden, reduziert sich der Stegstrom um den entsprechenden Betrag. Bei der EM 80 wird der Stegstrom teilweise sogar negativ. Das Phänomen hängt möglicherweise stark vom Einzelexemplar ab.

Messung der Kennlinie des Leuchtbalkens der EM 84:
- Der Anodenanschluß der Verstärkertriode ist intern nicht mit den Steuerstegen des Leuchtsystems verbunden, wie bei der EM 80. Daher entfällt die Notwendigkeit, das Steuergitter bei der Kennlinienmessung negativ zu polarisieren.
- Alle Spannungen werden im Bereich 0...200 V variiert.
- Leuchtschirmstrom (IL) und Steuerstegstrom (ID) werden gemessen.

PCL86

Hans Martin Sauer 2016-2020