Mit dem Drahttelefon fing es an...
Als ich eben gerade zur Schule ging, hat mein Vater mir aus zwei leeren Konservendosen und einem langen dünnen Stahldraht ein einfaches Telefon gebaut, ein Drahttelefon. In die Böden der Dosen wurden kleine Löcher gestochen, und die Drahtenden darin festgebunden. Dann ist jeder von uns mit einer Dose losgegangen und wir haben den Draht dazwischen gespannt. Tatsächlich, das Telefon funktionierte. Ich konnte meinen Vater sprechen hören, der am anderen Ende der Leitung "Hallo, hallo" rief. Es klag wie aus dem Fernsprecher. "Hier ist Honolulu", rief ich begeistert hinein.
Das Spannen des Drahtes mit der Hand ist auf die Dauer allerdings ziemlich anstrengend. Das Prinzip hat mich dennoch überzeugt. Wir befassen uns hier daher mit der elektrischen Variante.
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Der Aufbau des Dosenmikrofons
Das Dosenmikrofon besteht aus einer alten Leberpastete-Konservendose. Unter ihrem Boden klebt ein kleiner zylindrischer Supermagneten mit 10 mm Durchmesser und 5 mm Höhe. Er taucht in die Öffnung einer Zylinderspule. Diese ist möglichst dicht am Boden der Dose befestigt. Der Magnet muss ins Loch passen. Zur stabilen Montage der Blechdose verwende ich stählernes Lochband aus dem Baumarkt, das sich gut scheiden und biegen läßt. Das Ende des Lochbands habe ich mit einer starken Kombizange um den Dosenrand gebogen und dort festgedrückt.
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Die Ansicht von hinten zeigt die Spule mit den Anschlüssen. Die Spule ist mit einem Gummiband an der Holzleiste befestigt, auf der auch die Lochband-Stützen für die Blechdose angeschraubt sind. Die querliegende Holzleiste ist gerade so dick, dass die Spule nur noch ungefähr ein oder zwei Millimeter Abstand vom Dosenboden hat.
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Als Spule habe ich einen Elektromagneten aus einem Schaltschütz verwendet. Den Eisenkern habe ich ausgebaut. Die Spule hat 23000 Windungen und auch ohne Kern eine hohe Induktivität. Der Supermagnet, der außen am Dosenboden klebt und mit den einfallenden Schallwellen in der Spule hin- und herbewegt wird, induziert in der Spule schon bei normaler Lautstärke leicht einige 10 mV Spannung.
Das Mikrofon ist recht empfindlich. Ich habe es ohne weiteren Vorverstärker an den Eingang meines Oszilloskops angeklemmt. Bei 2 oder 5 mV/Teilung auf der y-Achse sieht man die Schallschwingungen gut auf dem Schirm. Auch ein kleines Video hat meine Frau gedreht, als sie mich mit einer alten Trompete aus dem Keller kommen sah.
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Video zum Trompetenkonzert
Hier zeigt das Mikro, was es kann. Mein erster Soloauftrit als Trompetenspieler im Internet! Das Video ist nur ganz kurz, wegen der Nachbarn!
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Eine Maschine zur Erzeugung von Kapillarwellen auf dem Wasser
Das Dosenmikrofon kann aber noch mehr, denn es funktioniert umgekehrt auch als Lautsprecher. Oder als Wellenmaschine für Wasserwellen. Die Dose muss dazu waagerecht montiert werden. Man kann dann eine Schicht Wasser einfüllen, die die Wellenmaschine in Vibration versetzt. Auf der Wasseroberfläche sind interessante Wellenmuster zu beobachten, die sich je nach Frequenz und Amplitude unterscheiden. Sogar Wasser läßt sich so versprühen. Man muss nur Wechselspannung einer bestimmten Frequenz und ausreichend hoher Amplitude einspeisen.
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Die Wellenmaschine
Ich habe die Dose nun waagerecht montiert und die Spule aus dem Magnetventil einer alten Waschmaschine eingebaut. Diese kann mehr Kraft erzeugen als die Spule aus dem Schaltschütz und hat weniger Induktivität. Dafür aber kann mehr Strom hindurchfließen. Eben dazu braucht es hier eine Leistungspentode. Und die PCL 86 dürfte hier genau das Richtige sein. Auf den Magneten am Boden der Blechdose läßt sich jedenfall eine bedeutende mechanische Energie in Form von Schwingungen übertragen. Die Auf-und-Ab-Schwingungen des Dosenbodens übertragen sich auf die Wasseroberfläche, die ja leicht beweglich ist.
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Das Experiment
Die Dose ist hier mit ungefähr 3 mm Wasser gefüllt und an einen Röhren-Oszillator angeschlossen, der Schwingungen zwischen 300 und 600 Hz erzeugt. Der Oszillator arbeitet mit einer PCL 86 und erzeugt maximal 150 V Sinusspannung.
Die Amplitude wird mit der Betriebsspannung aus einem stabilisierten Netzgerät geregelt. Spannungen zwischen 100 und 200 V werden gebraucht, bei maximal 20 mA Strom. Geheizt habe ich die Röhre mit 12 V. Hält man den Finger in die Kräuselwellen, dann kribbelt es angenehm. Ein Miniatur-Whirlpool!
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Der Schaltplan des Oszillators
Dieser Oszillator bringt die Wellenmaschine in Schwung. Er arbeitet mit einer PCL 86, einer Verbundröhre, die früher in TV-Geräten oft im Tonverstärker eingesetzt wurde.
Die Triode arbeitet dabei als Meissner-Oszillator. Die Frequenz des Oszillators wird mit Kondensatoren eingestellt, die im Gitterstromkreis parallel zur Trafowicklung br-bl geschaltet werden. In der Kathodenleitung ist ein Widerstand in Serie mit einem Potentiometer geschaltet. Hiermit kan man den Arbeitspunkt der Triode so einstellen, dass eine saubere Sinusschwingungen entsteht. Auch die Frequenz läßt sich in geringem Rahmen verändern.
Sollte der Oszillator nicht auf Anhieb anschwingen, dann liegt es vermutlich daran, dass eine der Wicklungen falsch herum gepolt ist.
Die Endstufenpentode erhält über die Wicklung gn-ge ihre Gitterwechselspannung. Im Anodenkreis der Pentode entsteht die heraufgesetzte Spannung zur Ansteuereung der Antriebsspule der Wellenmaschine. Hier liegt eine Wechselspannung von maximal 300 Vss.
Der Trafo ist ein Überbleibsel aus einem alten KOSMOS XG Elektronikbaukasten. Die Farbkodes im Schaltplan beziehen sich auf die Anschlussklemmen dieses vielseitigen Experimentiertrafos.
Man kann aber auch einen anderen Tonfrequenzübertrager verwenden, der ähnliche Wicklungen hat. Die Windungszahlen der Anodenwicklung sw-gr zu den beiden anderen Wicklungen beträgt etwa 2,5 zu 1. Es macht übrigens nichts, wenn der verwendete Trafo nur zwei statt drei Wicklungen hat. Den Gitteranschluss der Pentode kann man über den 47 Kiloohm-Vorwiderstand auch direkt and die Gitterwicklung der Triode anklemmen.
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Video: die Wellenmaschine in Betrieb
Ein Blick in die Blechdose, wenn der Oszillator mit wachsender Amplitude in Betrieb ist. Das Dröhnen kommt von den 350 Hz, die hier erzeugt werde.
Bei geringer Amplitude sind in der Mitte ein paar Kräuselwellen zusehen. Die Wellenlänge beträgt ungefähr 1 bis 2 mm. Besonders gut sind diese Kapillarwellen zu erkennen, wenn man die Spiegelung einer Lichtquelle in der Wasseroberfläche anschaut oder fotografiert.
Stellt man die Amplitude höher, dann formen sich aus den radialen Wellen solche mit regelmäßigem Muster, die wie ein Schachbrett oder Honigwaben geformt sind.
Wenn man die Amplitude noch weiter erhöht, dann spritzt schließlich das Wasser aus der Dose. Von einzelnen Wellenbergen schießen Wasserfäden in die Höhe, die sich ablösen und als Tröpfen ziemlich weit über den Dosenrand hinaus fliegen können.
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